Restaurant Zeughaus – Ehrensache

Wandmalerei am Restaurant Zeughaus

Dieses Restaurant wurde von mir als eines der Cordon bleus des Jahres 2022 ausgezeichnet. Weitere Informationen dazu hier.

“Best in Town” schreibt das Restaurant Zeughaus in St. Gallen selbstbewusst auf seine Cordon bleu Karte. Solch eine Ansage weckt natürlich die Neugier eines Kritikers und deshalb habe ich mich an einem milden Sommertag auf den Weg in die Klosterstadt begeben, um diesem Anspruch auf den Zahn zu fühlen. Lohnt sich der Besuch oder fastet ihr besser?

Das Restaurant befindet sich mitten in der St. Galler Altstadt, direkt neben dem altehrwürdigen Kloster. Auf dem Weg dorthin spaziere ich an zahlreichen Plakaten vorbei, die auf das gerade stattfindende Kulturfestival hinweisen. Sogar ein Lieferwagen der SRF steht an einer Ecke herum und auf dem Klosterplatz ist die Bühne bereit für die Oper “Giovanna d’Arco” (Giuseppe Verdi), welche später am Abend aufgeführt wird. Heute schlägt mein Herz jedoch für eine andere Art von Kultur, weshalb ich nach einem kurzen Abstecher zur Kathedrale direkt zum Restaurant weitergehe.

Die Zeichnung auf der Fassade erinnert an die martialische Bedeutung des Namens, drinnen herrscht mittlerweile jedoch gehobene Gemütlichkeit. Dafür sorgen die hellen Holzmöbel und cremig-weiss gestrichenen Wände, die aufgehängten Stiche und Zeichnungen lassen einen noch einmal den Hauch der Historie spüren. Es ist etwas schmaler als erwartet, das macht die Atmosphäre dafür noch eine Spur behaglicher. Nach einer herzlichen Begrüssung nehme ich an meinem Tisch Platz und bestelle erst einmal ein Getränk, um dann daran nippend die Speisekarte in Augenschein zu nehmen.

Die Cordon bleu Auswahl macht einen vielversprechenden Eindruck, alle Varianten haben einen prägnanten Charakter. Dass man in guten Händen ist, sieht man auch daran, dass bei jeder Sorte der verwendete Käse beschrieben wird, was bedauerlicherweise nicht überall gang und gäbe ist. Leider hilft mir das überhaupt nicht in meiner Entscheidungsfindung, das Walliser (mit Weisswein-Aprikosen!), St. Galler und Freiburger (Vacherin!) klingen äusserst verlockend. Schlussendlich siegt das Lokalangebot und ich bestelle das St. Galler Cordon bleu vom Schwein (auf Vorbestellung sind alle Sorten auch mit Kalbfleisch erhältlich), gefüllt mit Rohschinken und lokalem Klosterkäse. Dazu werden Pommes Frites und zur Vorspeise ein kleiner gemischter Salat gereicht, ein bisschen Grün muss schon sein.

Anschliessend ist es Zeit, um sich auf der Bank zurückzulehnen und etwas zu entspannen. Es ist nicht viel los, aber mir ist es gerade Recht so, dann kann ich nach einer anstrengenden Woche die Seele etwas baumeln lassen. Beim Herumträumen werden langsam auch die Vorteile der Nähe zur Küche deutlich. Ich höre nämlich das himmlische Geräusch von Cordon bleus, die in Bratbutter zubereitet werden. Der passende Duft streicht ebenfalls um meine Nase und löst intensives Magenknurren aus. Deshalb trifft es sich gut, dass der hübsch aufgemachte Salat zügig bei mir eintrifft. Er ist frisch, knackig und wird mit einer mundigen, leichten Sauce serviert. Das weckt grosse Lust auf Mehr.

Dieser Wunsch wird nach kurzer Zeit erfüllt, als das üppige Cordon bleu mit einer Begleitung aus angenehm portionierten Pommes Frites eintrifft. Diesen entströmt ein herrlicher Geruch nach diversen Gewürzen, der mich sehr neugierig macht. Die Priorität liegt aber selbstverständlich beim Cordon bleu, welches sich nicht zu verstecken braucht: Die goldbraune Panade zeigt sich bei der Inspektion rundum knusprig, dass es eine wahre Freude ist. Im Biss ist sie ein wenig fester als gewohnt, aber gerade noch angenehm und ihre dezente Würze überlässt den anderen Komponenten  das Podium. Zum Beispiel dem St. Galler Klosterkäse, der mich mit seinem leicht bitteren Geschmack angenehm überrascht und damit eine gute Abwechslung zu gebräuchlichen Käsesorten bietet. Schöne Fäden zieht er übrigens auch. Das Schweinefleisch kann sich auch sehen lassen, an einigen Stellen dürfte es noch etwas zarter sein aber ansonsten ist es dünn und schmeckt mir gut. Eine willkommene Portion Salzigkeit wird vom Rohschinken beigesteuert aber für meinen Geschmack könnte das Gesamtpaket noch etwas mehr Würze vertragen. Insgesamt ist es eine feinsinnige Kreation und durch die Bitterkeit des Käses etwas, was man nicht überall bekommt.

Auch bei den dick geschnittenen und knusprigen Pommes Frites sind nicht die bekannten Geschmäcker am Werk. Wie am Anfang erschnuppert klebt an diesen Kartoffelschnitzen eine ausgezeichnete Gewürzmischung und nicht bloss Salz. Da vermisst man weder Ketchup noch Mayonnaise, jedes Stück schmeckt hervorragend.

Weil es gerade ruhig ist, hat das Wirtepaar Zeit, um ein wenig mit mir zu plaudern. Die Themen reichen von Anekdoten aus über 20 Jahren Restaurantbetrieb bis hin zur Küchenphilosophie. Das Gespräch ist eine grosse Freude und ich lerne wieder viel über die Kunst der Cordon bleu Zubereitung dazu. Obwohl ich gerne länger verweilen möchte, wird es allzu rasch Zeit, aufzubrechen. Die SBB wartet leider auf niemanden. Die Schlussrechnung passt, für Cordon bleu mit Beilage und Salat bin mir aus Zürcher Landen deutlich höhere Preise gewohnt.

Dass mir der Besuch im Restaurant Zeughaus so gut gefallen hat, liegt in erster Linie am servierten Essen und dem heimeligen Ambiente, nicht am ausgiebigen Gespräch mit dem Wirtepaar. Aber dieses bestärkt den Eindruck, den mir mein Gaumen bereits vorher gemacht hat: Hier wird mit Herzblut und Freude gekocht und gewirtet. Tut euch doch einen Gefallen und kehrt beizeiten ein. Ich meine, Weisswein-Aprikosen im Cordon bleu! Das muss man doch mal probiert haben. Deshalb steht auch bei mir in der nahen Zukunft ein erneuter Besuch an.

Bewertung

St. Galler Cordon bleu
7/10, «Sehr gut»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://www.facebook.com/pages/category/Restaurant/Restaurant-Zeughaus-361821064524644/

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