Restaurant Gartenhof – Cordon Oeuf

Eingang des Restaurant Gartenhof

Statt in der Schweiz herumzueiern, habe ich mir für diese Rezension das Restaurant Gartenhof bei mir um die Ecke in Richterswil ausgesucht. Das Gasthaus gehört zu der interessanten Sorte Pizzeria, wo auch Cordon bleus auf der Speisekarte unter den Spezialitäten gelistet werden. Naja, speziell war der Gaumenschmaus definitiv…

Im strömenden Regen der andauernden Frühlingsgewitter gestaltet sich der Fussweg zum Lokal trotz seiner Kürze eher unangenehm. Wenig überraschend also, dass das Restaurant nicht gerade zum Bersten gefüllt ist. Die freundliche Bedienung führt mich zu einem lauschigen Tisch gleich neben dem Tresen. Das Ambiente ist hell und freundlich, die Augen erfreuen sich an den gepflegten Holzelementen und dem satten Bordeauxrot der dekorativen Rose, welches auch von den Servietten und Untersetzern aufgegriffen wird. Eine hauchzarte Spur von Zigarettenrauch liegt in der Luft, so fein, dass sie auch Einbildung sein könnte. Ich gönne mir noch einige Momente des Sinnierens und beobachte durch die Vorhänge hindurch den intensiven Regenschauer.

Ein sanftes Knurren aus der Magengegend beendet die gedankenversunkene Eintracht, pflichtschuldig schlage ich die Speisekarte auf und blättere eine Seite nach der anderen um, bis die Cordon bleus auftauchen. Die Liste aus acht Varianten vom Schwein gibt sich ganz ordentlich, wer seine Portion lieber mit Kalbfleisch oder in verschiedenen Grössen hätte, geht jedoch leider leer aus.  Käsetechnisch wird überwiegend normaler Raclettekäse eingesetzt, bei zwei Ausreissern kommt man auch in den Genuss von Gorgonzola oder Mascarpone. Namen wie «Solemio», «Regina» oder «Tre Salumi» versprühen einen Hauch Italianità und die Füllungen orientieren sich entsprechend an den Namensvettern aus der Welt der Pizza und Pasta. Dieser Logik folgend wähle ich das «Carbonara» (Schinken, Speck, Ei, Zwiebeln und Raclettekäse), denn was bei Spaghetti funktioniert, wird im Cordon bleu wohl erst recht munden. Oder?

Die Aufmachung der Speisen auf dem vor mir abgestellten Teller gibt sich schnörkellos, nur ein verloren wirkendes Paar aus Zitronenschnitz und Tomatenspalte begleitet die Röstikroketten und das Cordon bleu. Letzteres gehört zur Gattung der gerollten Fleischtaschen und gibt mit seiner hellbraunen Panade ein hübsches Bild ab. Als beim Anschnitt eine Käselawine austritt, hüpft das Herz aufgeregt vor Vorfreude. In Erwartung einer deftigen Geschmacksexplosion spannen sich die Geschmacksnerven vor dem ersten Bissen spürbar an… und werden ernüchtert zurückgelassen. Wenn mir jemand erzählen würde, dass ein rustikales Pärchen wie Speck und Zwiebeln mit so wenig Wucht einschlagen kann, hätte ich ihn ausgelacht. Aber nun kaut mein Mundwerk auf dem leibhaftigen Beweis dieser Behauptung herum und ist mässig erfreut. Der rauchige Charakter des Specks, die süsslichen Noten der Zwiebeln: Sie sind durchaus vorhanden aber derart unscheinbar, dass man sie mit der Lupe suchen muss. Ohne diese Zugpferde bleibt die Aromakutsche mangels Zugpferde an Ort und Stelle stehen. Das eingesponnene Rührei und die Panade machen die Textur der Bisse zwar abwechslungsreicher, mehr kommt aus dieser Ecke jedoch auch nicht. Steilvorlage für einen Käse mit Temperament könnte man meinen, leider hat der beigefügte Raclettekäse das dafür notwendige Rüstzeug nicht im Gepäck. Mit bitter-rezenten Tönen gesellt er sich ebenfalls in die Ecke der milden Komponenten, die bei diesem Cordon bleu rasch rammelvoll wird. Interessant ist seine Konsistenz, die mir untypisch flüssig sowie klebrig vorkommt. Beim Fundament der Kreation, dem Schweinefleisch, setzt in meinem Gemüt wieder Tauwetter ein: Wenn man es so saftig hinbekommt wie hier, mundet es auch in einer dicker geschnittenen Form sehr gut.

Etwas verstimmt, einem Nachtisch aber noch nicht gänzlich abgeneigt, bitte ich um die Dessertkarte. Tatsächlich reizt mich der Panna Cotta zu einer Bestellung, obwohl das runde Cordon bleu ausreichend Platz im Magen eingenommen hat. Für das italienische Rahmköpfli bleibt dennoch Raum. Es kommt zwar ebenfalls mild daher, wird jedoch von süss-sauren Beeren flankiert. Der Blick aus dem Fenster zeigt, dass der Regen allmählich nachgelassen hat und einem Aufbruch somit nichts mehr im Wege steht. Nach dem Begleichen der Rechnung lacht mir beim Öffnen der Türe die warme Sonne ins Gesicht. Von der Dynamik dieses lebendigen Frühlingswetters hätte sich das soeben verspeiste Cordon bleu ruhig eine Scheibe abschneiden können.

Diese Füllung war geschmackstechnisch eher eine «Carbonara svizzera»: Anständig, bescheiden und ehrlich gesagt ein wenig langweilig. «Geschmackssache!» kann man an dieser Stelle einwerfen, trotzdem bin ich überzeugt, dass die Cordon bleus des Restaurant Gartenhof mit kräftigeren Aromen noch deutlich mehr aus ihrem Potenzial schöpfen könnten. So bleibt an dieser Stelle eine sehr eingeschränkte Empfehlung stehen, vielleicht findet ihr euer Glück in der Speisekarte der Pizzeria eher an einer anderen Stelle.

Bewertung

Schweins Cordon bleu «Carbonara»
5/10, «Durchschnittlich»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://gartenhof-richterswil.ch

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