Restaurant Frohsinn – Überfluss trifft Verdruss

Fassade des Restaurant Frohsinn in Aarau

Die Inspiration zu einer Rezension kommt oft unverhofft, so auch beim heutigen Lokal. Auf einer Zugfahrt in die andere Hälfte der Schweiz lachte mich in Aarau plötzlich ein Schild ennet der Gleisen an, welches mit Cordon bleus und mexikanischer Küche warb. Eine wilde Mischung aber gleichzeitig auch eine, die neugierig macht. Deshalb bin ich für einmal im Bahnhof Aarau ausgestiegen, statt einfach hindurchzufahren, habe den Ausflug ins Tex-Mex-Cordon-bleu-Land namens Restaurant Frohsinn gewagt und bin zurückgekommen, um euch davon Bericht zu erstatten.

Wir werden von Startschwierigkeiten geplagt, der Weg vom Bahnhof zum gesuchten Lokal gestaltet sich wegen Baustellen und verwirrender Wegführung unerwartet kompliziert. Hungrige Mägen machen die Denkarbeit nicht einfacher. Letztendlich entscheiden wir uns für die «Augen zu und durch»-Methode und spazieren auf der Strasse neben Autos und Baustelle auf direktem aber nicht unbedingt fussgangtauglichen Weg zum Restaurant. Dieses bringt einen Hauch rustikaler Gemütlichkeit in die ansonsten urbane Szenerie – Fachwerkmuster am Dachstock, zusätzlich hübsche rote Blumen in Blumenkästen und knorrige dunkle Holzelemente sowie Lampen im traditionellen Stil bei unserem Tisch im Eingangsbereich. Zu Beginn sind die Geräusche der Strasse und des Bahnhofs noch deutlich präsent aber nach einer kurzen Eingewöhnungszeit nimmt man sie nicht mehr bewusst wahr.

Die Speisekarte hält das Versprechen des Werbeschilds ein und fühlt sich dementsprechend wie eine Weltreise en miniature an. Hier ein kleiner (und bei weitem nicht abschliessender) Einblick in das Angebot: mexikanische Burritos sowie Enchiladas, indische Currys, Fleisch vom heissen Stein, verschiedene Varianten an Spaghetti und natürlich Cordon-bleu-Spezialitäten. Die Angebotsspanne hat den Anstrich von «Zuvielitis» und sorgt für leichte Überforderung. Ganz überzeugt, dass alles perfekt munden wird, bin ich ehrlich gesagt nicht, aber die Liste wurde zweifellos mit Enthusiasmus zusammengestellt. Die Auswahl an Cordon bleus fällt mit sieben Sorten ganz ordentlich aus, alle sind entweder vom Schwein oder Kalb erhältlich. Grosse Innovationen sind nicht zu finden, man orientiert sich an klassischen Geschmackskombinationen. Originelle Ausreisser sind der Einsatz von Salsiz im Bünder Cordon bleu und eine Kreation mit Mangocurrybutter, welche meine Neugier weckt. Eine Umfrage am Tisch zeigt, dass unsere Gruppe zwischen Burritos und Cordon bleus gespalten ist. Der Vorschlag, zur Vorspeise die Appetizer-Combo bestehend aus Chili-Poppers, Pouletflügel, Empanadas und Onion Rings zu bestellen wird aber ohne Gegenstimme angenommen. Ich entscheide mich bei der Hauptspeise tatsächlich für das Cordon bleu vom Schwein mit Mangocurrybutter, begleitet von Pommes Frites und Gemüse.

Ein verspätetes Geburtstagsgeschenk in Form eines Grillkochbuchs hilft uns dabei, die Zeit bis zum Eintreffen der Fingerspeisen zu überbrücken, wenn auch mit dem Nebeneffekt, dass der ohnehin schon grosse Appetit durch die verheissungsvollen Bilder der Grilladen noch zusätzlich angefacht wird. Kein Wunder also, dass der gut gefüllte Vorspeisenteller bei seinem Eintreffen von der gesamten Tischgesellschaft gierig beäugt wird. Kaum ist die Bedienung verschwunden, schnellen auch bereits die ersten Hände hervor, um sich an den Tex-Mex-Knabbereien gütlich zu tun. Leider erfüllt die Aufwärmrunde vor dem Hauptgang die Erwartungen nicht ganz, geschmacklich bleiben die verschiedenen Speisen eher blass und lassen Frische und Charakter vermissen. Hungrige Bäuche sind jedoch bekanntlich nicht wählerisch, weshalb der Teller ratzfatz spiegelblank ist.

Als das Cordon bleu serviert wird, fallen meine Blicke dementsprechend kritisch aus. Der dunkle Schimmer der Panade weist darauf hin, dass die Verweildauer in der Pfanne wohl ein Spürchen zu lange dauerte aber ganz ehrlich, ich mag das so. Ein emporschlängelnder Duft bringt eine süss-saure Note an meine Nase, dass mir das Wasser im Munde zusammenläuft. Mit einem Auge würdige ich noch das hübsch farbige Muster, welches die Garnitur auf dem Teller hinzaubert, bevor ich mit Messer und Gabel bewaffnet losstürme. Als Erstes kreuzt die knusprige Hülle meinen Weg, die mit ihrem Geschmack nostalgische Erinnerungen an Schnitzel aus der Kindheit weckt. Nehme ich die rosarote Brille ab muss aber konstatiert werden, dass sie für meine heutigen Geschmacksnerven zu trocken geraten ist und mehr Würze vertragen könnte. Als nächstes stellt sich das Schweinefleisch zum Duell und landet gleich einen Volltreffer: Bis auf wenige Ausnahmen ist es sehr saftig geraten und schmeckt vorzüglich. Im Kern angekommen stosse ich auf das heiss ersehnte Duo aus Mangocurrybutter und Käse. Es wird rasch klar, wer in dieser Beziehung die fruchtig-würzigen Hosen anhat – der schwachbrünstige junge Gruyère sieht gegenüber der indisch angehauchten Butter kein Land und muss leise klagend untergehen. Zusammengefasst lässt sich diese Kreation vermutlich am ehesten mit einem Riz Casimir vergleichen: Hier treffen geschmackliche Gegensätze aufeinander, die man in dieser Konstellation vielleicht nicht hätte zusammenbringen sollen. Aber eine interessante Erfahrung ist es allemal.

Was noch übrig bleibt sind Gemüse und Pommes Frites. Letztere machen einen hervorragenden Eindruck und lassen sowohl in Sachen Aroma als auch Textur keine Wünsche übrig. Beim Grünzeug ist die Lage nicht ganz so rosig, es punktet zwar mit knackiger Art aber hier fehlt einmal mehr der geschmackliche Extrawumms. Ich frage meine Mitessenden nach ihren Meinungen und erfahre, dass das Appenzeller Cordon bleu ebenfalls einen durchschnittlichen Eindruck macht und die Burrito-Fraktion mit ihren Speisen nicht vollständig zufrieden ist. Irgendwie scheinen wir heute mit den Ergebnissen aus der Küche zu hadern, nichts will uns so recht vom Hocker reissen. Dementsprechend verzichten wir auf einen Dessert und geniessen stattdessen noch ein Weilchen das lauwarme Wetter, während über Gott und die Welt geplaudert wird.

Ein durchzogener Abend mit einer durchaus interessanten Note: Dieses Cordon bleu wird wohl nicht allzu lange in meinen Erinnerungen verweilen und gehört zu der Sorte, bei denen nichts perfekt oder katastrophal sondern vieles einfach Mittelmass ist. Wer nach Exzellenz sucht wird anderswo fündig, aber falls einen die Füllung neugierig gemacht hat, macht man mit einem Besuch auch keinen tragischen Fehler.

Bewertung

Schweins Cordon bleu mit Mangocurrybutter
5/10, «Durchschnittlich»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://frohsinn-aarau.ch

In welchem Restaurant habt ihr zum letzten Mal ein Cordon bleu gegessen, welches euch mit lauwarmen Gefühlen zurückliess? Schreibt es in die Kommentare oder meldet euch per E-Mail bei info@cordonblog.ch. Ihr möchtet keine neuen Beiträge verpassen? Cordonblog ist auch auf Facebook und Instagram, folgt mir und erhaltet Benachrichtigungen für neue Beiträge, zusätzliche Bilder und gelegentlich einen Blick hinter die Kulissen.

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