Restaurant Ufenau – Feuerwurstflamenco

Eingang des Restaurant Ufenau bei Nacht

Einmal ein Cordon bleu am Fusse des Munot verspeisen – dies steht seit einiger Zeit auf meiner Wunschliste. Das Restaurant Ufenau in der Altstadt von Schaffhausen anerbot sich deshalb als ideales Reiseziel, auch wenn der Besuch nicht nur positive Eindrücke beinhaltete…

In den menschenleeren Gassen der Schaffhauser Innenstadt kommt mir das Geräusch meiner Fussschritte unnatürlich laut vor. Die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt locken an diesem Abend niemanden ohne guten Grund vor die Türe und auch ich würde ehrlicherweise gerade lieber in einer warmen Stube sitzen. Aber der Lockruf von Cordon bleus ist schlussendlich doch stärker als jede Gfrörliseele. Am Walther-Bringolf-Platz sticht mir die auf dem Brunnen stehende Landsknechtfigur ins Auge. Mit scheinbar missmutigem Blick mustert sie einen Kran in unmittelbarer Nähe. Baustelle und Skulptur hinter mir lassend, winkt in der nächsten Gasse auch bereits das Namensschild des Ufenau.

Beim Eintreten empfängt mich ein wohliges Gefühl von Wärme, Licht und überraschend viel Platz. Kein Wunder, denn der Speisesaal besteht aus einem einzigen weiss gestrichenen Raum mit einigen wenigen hölzernen Trennwänden. Die Tische stehen in angenehmer Entfernung zueinander, so dass man von anderen Gästen Kenntnis nehmen kann, ohne eingeengt zu werden. Platzangst bricht auch auf der überschaubaren Cordon bleu Karte nicht aus, die meisten der acht Sorten sind altbekannte Genossen mit Knoblauch, Speck oder scharfen Zutaten. Lobenswert ist, dass alle entweder vom Schwein oder Kalb sowie in verschiedenen Grössen (200g / 400g) erhältlich sind. Die Beschreibungen dürften jedoch durchaus transparenter in Bezug auf den verwendeten Käse sein. Eine Unlust auf Klassiker treibt mich dazu, die Variante “Barcelona” genauer in Augenschein zu nehmen. Die Kombifüllung aus “Käse” und Chorizo weckt sowohl meine Neugier als auch den Appetit, hoffentlich kann die spanische Wurst einen Kontrapunkt zum eisigen Treiben vor dem Restaurantfenster setzen. Spätzli, Rösti oder Frites ist die nächste Frage. Die Teigtropfen sind in den letzten Rezensionen oft genug auf dem Teller gelandet und Kartoffelspitzen reizen gerade nicht besonders. Bleibt also der Erdapfelfladen, hoffentlich hausgemacht.

Gross Zeit zum Ausruhen bleibt jedoch nicht, auf einem eleganten Holzbrett werden einige Scheiben Brot, ein Schüsselchen mit Oliven und etwas Kräuterbutter vor mir hingestellt. Kein schlechter Einstieg, vor allem mein knurrender Magen hat spürbar Freude. Die kleine Portion schmeckt ordentlich, der grünen Butter würde mehr Würze aber gut zu Gesicht stehen. In kurzer Zeit ist die Tafel leergeputzt, als sie abräumt meine ich, ein Schmunzeln im Gesicht der äusserst freundlichen Bedienung erkennen zu können. Trotz vollen Tischen ist die Stimmung im Betrieb tiefentspannt. In der Abwesenheit von Hektik und den Klangfetzen der anderen Tischgespräche löst sich der anstrengende aber glücklicherweise hinter mir liegende Arbeitstag in Wohlgefallen auf. Auf einmal wabert das himmlische Aroma von geschmolzenem Käse durch den Raum und mein Cordón Azul steht da.

In der Form eher lang als breit nimmt das Cordon bleu locker die Hälfte des stilvollen grauen Tellers für sich in Beschlag. Die Rösti und das Gemüseportiönchen liegen etwas verschämt daneben. Dabei müssen sich beide gar nicht verstecken: Die Rösti schlägt mit ihrer knusprigen Textur und mehlig-würzigem Gout wie ein Blitz in meinem leeren Magen ein, während auf der Grünzeug-Seite in erster Linie die Karotten mit angenehmem Biss auftrumpfen. «Wenn schon die Beilagen so auftrumpfen, wie schmackhaft muss dann wohl das Cordon bleu sein?» denke ich mir und bringe motiviert die Gabel in Stellung. Bekanntlich wohnt jedem Anfang ein Zauber inne, so auch hier: Die Panadenkruste beglückt den Gaumen mit geschmeidiger und trotzdem krosser Textur, einen Stock tiefer regiert souverän das Schweinefleisch mit einer saftig-zarten Maserung, welche nur dann und wann von einigen trockenen Stellen durchbrochen wird. Beides eher zurückhaltend, aber trotzdem einprägsam. Beim namenlosen Käse handelt es sich ebenfalls um einen gustatorischen Leisetreter. Abgesehen von einer milden, leicht zum bitteren neigenden Geschmacksnote und beeindruckend elastischer Konsistenz bringt er aber nicht viel Charakter in das Gefüge mit ein. Das wird dann zum Problem, wenn der Chorizo auf die Bühne tritt. Dieser wirbelt die Geschmacksnerven mit seiner pikanten und leicht säuerlichen Art auf eine Art und Weise durch, wie ich es sonst nur von Ananasfruchtfleisch kenne. Spannend und keinesfalls nur unangenehm, wird der Effekt auf Dauer jedoch eintönig. Ein selbstbewusster, aromatisch kräftiger Gegenpart zur dominanten Wurst hätte aus meiner Sicht noch mehr Vielfalt sowie Abwechslung in diese Kreation gebracht.

Eigentlich bin ich nach dieser Portion ja bereits satt. Eigentlich möchte ich die Dessertkarte gar nicht, welche mir die Bedienung höflich entgegenstreckt. Eigentlich schaue ich nur rein um ein wenig zu “stöbern”. Eigentlich ist mir gerade nicht ganz klar, weshalb aus meinem Mund die Bestellung für einen Whiskey-Coupe erklingt. Aber jetzt steht das Dessert nun einmal auf dem Tisch und möchte gegessen werden. Das Säntis Single Malt Glace ist zum Glück überraschend leicht, die darin enthaltene Spirituose prägt das Aroma mit zarten fruchtigen Noten. In flüssiger Form gleitet das Feuerwasser ebenfalls angenehm die Kehle hinunter. Schlagrahm und Meringue sind keine umwerfenden, aber dennoch angenehme Begleiter. Tadel gibt es für die unangenehm harten Karamellstücke, an denen meine Zähne ganz schön zu beissen haben.

Endgültig geschafft von der Schlemmerei zieht es meinen Blick zum gegenüberstehenden Bild an der Wand. Die neblig-weisse Landschaft erinnert schaudernd an die Temperaturen vor der Tür. Lust auf den Aufbruch will so nicht wirklich aufkommen, aber für immer hierbleiben wäre auch keine Lösung. Ein wehmütiger letzter Blick wandert durch die geheizte Gaststube, dann machen sich meine Füsse auch schon auf den Rückweg zum Bahnhof.

Ein gemütlicher und stimmiger Abend, bei dem das Cordon bleu für einmal nicht das grosse Highlight war. Die Elemente rundum passen und laden gastfreundlich zum Verweilen ein, insbesondere die Atmosphäre sowie die liebevoll hergerichteten Speisen. Wenn ihr bei der Auswahl eurer Cordon bleu Sorte etwas konservativer vorgeht als ich, sollte einem vergnüglichen Schmaus nichts im Wege stehen.

Bewertung

Schweins Cordon bleu «Barcelona»
6/10, «Gut»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://restaurant-ufenau.ch/

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