Restaurant Frohsinn – Schübligspass

Die Fassade des Restaurants Frohsinn vor dem Abendhimmel

Den Kanton Thurgau bringen schweizweit viele wohl eher mit Obstplantagen als mit Cordon bleus in Verbindung. Das Restaurant Frohsinn in Frauenfeld beweist aber gekonnt, dass sich der Sprung in die Ostschweiz für Fleischtaschengeniesser lohnen kann.

Dunkler Himmel, eiskalt peitschende Luft: Frauenfeld bereitet mir heute Abend einen Empfang der eher ungemütlichen Sorte. Nach der Reise im vollgepackten Regionalzug kommt die Extraportion Frische allerdings gerade recht. Einmal tief durchgeatmet, die Füsse in Gang gesetzt und schon bin ich unterwegs. Der gemächlich fliessende Murg verleiht der abendlichen Szenerie einen idyllischen Beiklang. Die Stimmung verliert ihren Zauber jedoch rasch, als sich die Hauptstrasse mit dem dazugehörigen Abendverkehr nähert. Immerhin dauert es nicht mehr lange, bevor ich die Restaurantfassade mit warmem Lichterglanz in den Fenstern erspähe.

Drinnen empfängt mich der Geruch nach Rauch, aber nicht alt und abgestanden, wie man ihn oft in altehrwürdigen Beizen antrifft, sondern frisch und herb. Zur Erklärung deshalb an dieser Stelle eine kurze Seitentangente zum Thema “Rauchverbot in Restaurants und der Kanton Thurgau: Keine Liebesgeschichte”: Seit 2010 gilt in der Schweiz zum Schutz vor Passivrauchen ein Rauchverbot in geschlossenen Räumen wie Büros, Schulen oder Gastronomiebetrieben. Für Letztere gibt es allerdings zwei Szenarien, die es trotzdem gestatten, munter dem Tabak zu frönen: Erstens können sogenannte Fumoirs betrieben werden, die bis zu einem Drittel der Gesamtfläche des Ausschankraums in Beschlag nehmen dürfen. Zweitens dürfen kleine Restaurants mit einer maximalen Fläche von 80 Quadratmetern beim Kanton eine Bewilligung für den Betrieb als Raucherlokal einholen. So wird es auch im Thurgau gehandhabt und dürfte der Grund sein, warum ich in ein feines aber kleines “Nichtrauchersäli” geführt werde. Dort riecht es zwar ebenfalls etwas schmauchig, nach kurzer Gewöhnungszeit wird es dann mental unter der üblichen Kneipenatmosphäre einsortiert. Und meine Damen und Herren, wenn in diesem Lokal etwas keine Mangelware ist, dann Atmosphäre.

Auf der hölzernen Bank sitzt man so bequem wie in einer eingetragenen Lederjacke, während den ebenfalls blank polierten Tischen und Stühlen der Geist vergangener Zeiten entströmt, in denen man noch kein Séparée für Tabakabstinenzler benötigte. Der hübsch farbige Inhalt der Blumenvasen auf den Tischen sorgt dafür, dass das Ambiente nicht ins Angestaubte kippt. Dieses Mal nicht vor grosse Entscheidungen gestellt denn die Auswahl an Cordon bleus fällt mit zwei Varianten äusserst übersichtlich aus. Für die Fraktion “vom Kalb” tritt das “Spezial” (450 gr.) an, dessen Füllung aus Buureschüblig, viel Knoblauch und Peperoni mich auf den ersten Blick bezaubert. Pflichtschuldig studiere ich noch den Vertreter “vom Schwein”, das “American style” (350 gr.). Klingt auch nicht schlecht, geräucherter Speck und Cheddarkäse stehen üblicherweise ganz oben auf meinem Wunschzettel. Schlussendlich dreht der Schüblig die Partie zugunsten des “Spezial” Cordon bleus, mit der tatkräftigen Unterstützung von hausgemachten Butterspätzli sollte das ein mundiges Abendessen garantieren. Der Durst wird stilecht mit Apfelwein von Möhl gestillt.

Für Zwischenunterhaltung bis zum Eintreffen des Tellers sorgen nicht einer, sondern ganze zwei Stammtische. Zugegeben, von der illustren Runde im Raucherbereich dringt dank einer Plexiglasscheibe nichts an meine Ohren. Dafür geben sich die alten Herren am Tisch nebenan grosse Mühe, damit ich akustisch nicht zu kurz komme. Trotz des Lautstärkepegels hat es schon etwas Charme, wieder einmal ein Restaurant in seiner Funktion als geselligen Treffpunkt zu erleben. Mit dem Herannahen meines Abendessens ist dann jedoch wieder volle Konzentration gefordert. Der prächtig gebräunte Panadenhügel in Doppeldeckergrösse entlockt meinem Magen ein ungeduldiges Knurren, welches beim Anblick der nebenanliegenden buttrig glitzernden Spätzli gleich noch eine Oktave tiefer sinkt. Da ich kein Unhold bin, eile ich den notleidenden Organen mit Messer und Gabel zu Hilfe.

Am ersten Biss klebt keine Füllung, ein schwacher Hauch von Knoblauch und Peperoni durchzieht ihn aber wie ein noch uneingelöstes Versprechen. Ich grabe weiter und werde mit einer sprudelnden Käsequelle belohnt. Rasch schnappe ich mir ein wenig des goldenen Glücks und beginne mit der Verköstigung. Wie auf der Karte versprochen ist er “würzig”, aber gleichzeitig wird dieses einfache Adjektiv dem quirlig-rezenten Charakter dieses Käses nicht im Ansatz gerecht. Seine lebendige Art bringt meine Zunge zum Kribbeln und sendet Freudenschauer durch den Gaumen. Die Mitstreiter in der Füllung unterstützen ihn dabei tatkräftig, ohne sich in den Vordergrund zu drängeln. Eine bemerkenswerte Leistung, da Knoblauch und Schüblig üblicherweise nicht für ihre Diskretion bekannt sind. Die Lauchknolle wurde durch das Anschwitzen bis zur Bräunung gezähmt, so dass ihr Aroma von penetrant ins leicht süssliche gewechselt hat. Bei der Wurst gilt die Devise “Weniger ist mehr”, in kleine Stücke geschnitten und ökonomisch über die Füllung verteilt liefert sie willkommene rauchig-würzige Einschübe. Die Panade hätte ich mir anschmiegsamer und geschmeidiger gewünscht, immerhin macht sie das mit einem vielfältigen Geschmacksprofil wieder wett. Nur Salz ist hier bestimmt nicht drin. Beim Kalbfleisch ist der Eindruck solide, auch wenn einige trockene Stellen zu bemängeln sind. Denjenigen, die an dieser Stelle zurück zur Beschreibung hoch scrollen und sich fragen, warum gopfridstutz kein Wort zur Peperoni fällt, kann ich leider nur ein ratloses Schulterzucken anbieten. Mir ist sie trotz intensiver Suche leider nicht über die Gabel gelaufen. Zu guter Letzt noch ein riesiges Lob an die hausgemachten Butterspätzli, die mit ihrer knusprigen Art etwas vom Besten sind, was mir je als Beilage serviert wurde.

Frauenfeld: Die Region, die mit Cordon bleus begeistert? Vielleicht etwas überschwänglich formuliert aber im Grundsatz durchaus richtig. Ich hatte auf jeden Fall sowohl kulinarisch als auch atmosphärisch meinen Spass im Restaurant Frohsinn. Wer ein kundig zubereitetes Cordon bleu sucht, wird hier auf alle Fälle fündig. Eine gewisse Toleranz für Tabakrauch solltet ihr aber definitiv mitbringen.

Bewertung

Kalbs Cordon bleu «Spezial»
7/10, «Sehr gut»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://www.frohsinnfrauenfeld.ch

Gehört ihr zur Fraktion Räuchersäli oder Räucherkäse? Schreibt es in die Kommentare oder meldet euch per E-Mail bei info@cordonblog.ch. Ihr möchtet keine neuen Beiträge verpassen? Cordonblog ist auch auf Facebook und Instagram, folgt mir und erhaltet Benachrichtigungen für neue Beiträge, zusätzliche Bilder und gelegentlich einen Blick hinter die Kulissen.

Leave a comment

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert