Restaurant Bannholz – Genusskoloss und Zauberkrokette

Fassade des Restaurants Bannholz in der goldenen Abendsonne

Von einer gut informierte Quelle wurde mir ein Besuch im Restaurant Bannholz in Goldingen ans Herz gelegt. «Cordon bleu isst mer im Bannholz – LOGISCH!» verkündet dessen Website selbstbewusst, das klingt vielversprechend und setzt die Messlatte entsprechend hoch. Ob ich bei meiner Visite nicht nur das Grösste, sondern auch eines der besten Cordon bleus meines Lebens verspeisen durfte, erfahrt ihr in der heutigen Rezension.

Die essenzielle Vorbereitung für den Besuch beginnt dieses Mal schon einige Tage vor dem eigentlichen Essen. Beim Durchstöbern der Speisekarte fällt nämlich auf, dass alle Cordon bleu Varianten auch in der 1,2 kg Gewichtsklasse erhältlich sind, allerdings nur auf Vorbestellung. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, zusammen mit der Reservation bitte ich um ein riesiges Cordon bleu «Dracula» (Bergkäse, Speck und Knoblauch). Die Zeit bis zum Restaurantbesuch wird eifrig zur mentalen und physischen Vorbereitung genutzt, so eine grosse Portion wird ja nicht alltäglich verspeist. Am ersehnten Tag verwöhnt uns das Wetter netterweise mit einem perfekten Herbsttag, die Fahrt durch rot-gelbe Wälder und güldenes Sonnenlicht ist ein Hochgenuss, welcher nur noch von der hervorragenden Aussicht am Restaurantparkplatz übertroffen wird. Als auch noch eine Kuhherde vorbeigeführt wird, ist das ländliche Idyll komplett.

Die Eingangstür gibt den Blick in einen Gang mit zwei Abzweigungen frei. An der Wand zur Linken hängt eine Fotografie, welche die Gastgeberin Brigitte Wieland mit dem Schauspieler Mike Müller zeigt. Er hat offenbar auch eine gute Nase für die währschafte Küche. Weiter geht’s in die Gaststube, wo wir zu unserem Tisch geführt werden. Einrichtungstechnisch erwarten einen keine grossen Überraschungen, es überwiegen traditionelle Elemente mit viel Holz und schmiedeeisernen Verzierungen. Falls kein Fensterplatz frei ist, kann man sich die Zeit mit den wunderschönen Naturfotografien im Grossformat vertreiben, die abgebildeten Szenen befinden sich wohl in der näheren Umgebung. Mir ist die Cordon bleu Karte bereits weidlich bekannt, die Augen meiner Mitessenden blicken jedoch zum ersten hinein. Die Auswahl (vom Schwein, Kalb auf Vorbestellung und gegen Aufpreis erhältlich) muss sich nicht vor dem Angebot der restlichen Speisekarte verstecken, bleibt aber eher auf der klassischen Seite. Nur das mit frischen Kräuterseitlingen gefüllte Monats Cordon bleu tanzt aus der Reihe. Genau diese Variante sowie eine mit Appenzeller und Mostbröckli werden umgehend bestellt. Ich werde noch nach meinem Beilagenwunsch gefragt, statt den üblichen Pommes Frites fällt die Wahl auf hausgemachte Kroketten. Ein Gläschen Sauser rundet die Bestellung ab und passt zur Jahreszeit, wie die Preiselbeer-Äpfel zum Rehbraten.

Während wir so sitzen und auf das Essen warten, dunkelt es langsam ein und das goldene Licht der Abendsonne wird schrittweise vom sanften Schein der Lampen abgelöst. Es herrscht die typische Betriebsamkeit einer gut besuchten Landbeiz, die Geräuschkulisse bleibt aber angenehm genug, dass man sich am Tisch ohne Probleme unterhalten kann. Hinter der Plexiglasscheibe beim Tresen warten Hausschnäpse auf durstige Kehlen. Mein Magen knurrt die ganze Zeit wie wild und scheint bereit für seine grosse Aufgabe, trotzdem bin ich skeptisch, ob die ganze Portion physisch überhaupt darin Platz haben wird. Der Showdown wird nach 45 Minuten mit dem Eintreffen der Teller eingeläutet. Als der Meinige vor mir abgestellt wird, schlucke ich erstmal leer. Die Käsefüllung ist so grosszügig bemessen, dass sie auf drei Seiten aus dem Fleischpaket herausströmt und die Speise nochmal deutlich grösser erscheinen lässt. Ein kleines Zettelchen weist mich darauf hin, dass ein Meringueglacé offeriert wird, wenn man alles aufessen kann. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass in so einem Fall ein Dessert nicht zuoberst auf meiner Wunschliste stehen würde. Dann dringt der verheissungsvolle Geruch an die Nasenlöcher und statt Skepsis meldet sich nun deutlich der Heisshunger. Mit gezücktem Besteck bleibt gerade noch genug Zeit, um der restlichen Tischrunde ein gemurmeltes «En guete» zu wünschen, bevor ich Hals über Kopf zum Angriff auf den Koloss blase.

Glücklicherweise ist rasch klar, dass dieses Cordon bleu hauptsächlich mit inneren Werten statt purer Grösse punkten kann: Die grossartige Panade begrüsst den Gaumen angemessen mit dünner aber trotzdem knuspriger Textur und beeindruckt dank angenehm schwacher Würze. Beim Bergkäse muss keine Knappheit befürchtet werden: Die Hügel auf dem Teller sind nur eine Vorschau auf den Rest, welcher in der Füllung wartet. Geschmacklich entpuppt er sich als rezenter Charakterkopf, der im Gaumen ein angenehmes Kribbeln auslöst, aber gleichwohl nicht übermässig dominiert. Zudem zieht er schaurig schöne Fäden. Speck und Knoblauch komplettieren das Trio rusticale, wobei ich mir bei Letzterem wünschen würde, dass er nicht einfach in Stücke geschnitten, sondern mit etwas mehr Finesse in die Füllung eingearbeitet worden wäre. Erstaunlicherweise ist trotz kräftigem Käse und tüchtiger Menge an Knoblauchzehen schlussendlich der Räucherspeck diejenige Komponente, welche im Gesamtgeschmack am meisten Platz bekommt. Beim dick geschnittenen Schweinefleisch wird mit viel Gout gepunktet, es ist jedoch an einigen Stellen für meinen Geschmack ein wenig chätschig. Eventuell ist dies aber auch der Grösse geschuldet. Zwischendrin probiere ich noch von den Kroketten und falle fast vom Stuhl: Unter der hauchdünnen Kruste verbirgt sich ein fantastisch erdig-süsser Kern mit beinahe flüssiger Konsistenz. So eine raffinierte Kartoffelspeise ist mir schon lange nicht mehr untergekommen, bravo Küchenteam!

Stück für Stück des Käse-Fleisch-Berges wandert in meinen Mund, zu Beginn noch rasant, ab der Mitte dann immer harziger. Ausserdem kommt mit der Zeit ein Schnaufen und Schwitzen auf, als wäre ich auf der morgendlichen Joggingrunde. Vor die Schicksalsfrage «Weiterkämpfen oder noch ein Dessert?» gestellt, fällt die Entscheidung schweren Herzens auf Letzteres. Netterweise wird die Niederlage nicht an die grosse Glocke gehängt, eine zuvorkommende Bedienung bringt mir unaufgefordert Alufolie, um den Rest des gigantischen Cordon bleus nach Hause zu nehmen.

Die Dessertkarte verspricht Coupés à gogo, was mich nochmal bestärkt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Da aber gerade Vermicelles-Saison ist, muss es stattdessen eine Portion dieser Marroninudeln mit Meringues sein. Bloss eine halbe, wohlgemerkt, denn diese reicht genau aus, um die letzten Ecken und Löcher zu füllen. Kurz vor Schluss kommt sogar noch Frau Wieland persönlich vorbei und fragt, ob alles in Ordnung war. Das bejahen wir deutlich, wohlig und satt räkeln wir uns auf den Stühlen und wollen eigentlich gar nicht aufbrechen. Letzten Endes ist der Ruf des Heimwegs aber stärker, immerhin wartet draussen noch einmal ein prächtiger Ausblick auf die nächtlichen Lichter am Zürichsee, bevor wir ins Auto steigen und selig davonbrausen.

Das Bannholz-Team ist zurecht stolz auf seine Cordon bleus. Wer es gerne währschaft und ohne viel Schnickschnack mag, ist hier genau an der richtigen Adresse. Die wahre Entdeckung des Abends sind für mich aber die hausgemachten Kroketten, lasst euch diese bei eurem Besuch auf keinen Fall entgehen!

Bewertung

Riesen Schweins Cordon bleu «Dracula»
7/10, «Sehr gut»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://www.bannholz.net/

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4 comments

  1. Super! Kling nach einem schweren Balanceakt: 7 oder 8 von 10? 😱 Mich würde in Anbetracht der Detailbewertung interessieren, warum es letztendlich „nur“ eine 7 war…? 😉

    1. Wie du richtig vermutet hast, stand die Wertung stark auf der Kippe zwischen 7 oder 8. Im Endeffekt war dann das Gesamtpaket trotz allen positiven Eindrücken gefühlt keine 8 sondern «einfach» eine 7 🙂 Es hat aber nicht viel gefehlt!

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