Hotel Bellevue – Alle für einen, einer für alle

Aussenansicht Fassade Hotel Bellevue

Wer kennt sie nicht, die altbewährte Tradition der sonntäglichen Familienausflüge. Üblicherweise besucht man dann gemeinsam den Zoo, ein Museum oder spaziert in der Natur um einen See. Eine Mahlzeit in einem Cordon bleu Restaurant fällt da eher aus dem Rahmen, insbesondere an einem Ort, welchen die meisten, wenn überhaupt, nur von der Durchreise Richtung Süden kennen. Rastpause einlegen oder besser weiterfahren? Ich erzähle es euch in dieser Rezension.

Bei schönstem Frühlingswetter beginnen wir unsere Fahrt zum Hotel Bellevue in San Bernardino, gelegen auf dem gleichnamigen Pass, welcher die Täler Rheinwald und Misox miteinander verbindet. Nach fast 2 Stunden und etlichen Höhenmetern treffen wir zur Mittagszeit in der Ortschaft ein, in der eine typische sonntägliche Ruhe herrscht, die beinahe schon ins Schläfrige kippt. Beim Eintreten bin ich von der modernen und funktionellen, aber etwas kühlen Inneneinrichtung positiv überrascht, die Aussenansicht hat mich auf einen traditionelleren Stil eingestimmt.

Als sich alle am grossen Tisch eingefunden haben, beginnt das Studium der Speisekarte. Auf einem unscheinbaren Blatt versteckt sich der Hauptgrund für unseren Besuch, ein halbes Dutzend Cordon bleu-Variationen die im Rahmen der «Tage des Cordon bleu» angeboten werden. Während meine Augen über die Karte wandern, läuft mir bereits das Wasser im Munde zusammen, doch das Beste erblicke ich erst am Schluss: eine Cordon bleu Trilogie vereint auf einem Teller, bestehend aus 3 verschiedenen Variationen mit je 130g. Was für eine fantastische Idee, insbesondere für unentschlossene Naturells wie mich! Als Beilage wähle ich einen grünen Salat und Pommes Frites. Bestellt wird auf Italienisch, für uns zum Glück keine Hürde. Während wir auf unser Essen warten, entspinnen sich Familiengespräche und ich überfliege nebenbei die normale Speisekarte. Das Angebot macht einen ausgewählten Eindruck, es wird Wert auf lokale und saisonale Zutaten gelegt. Ausserdem ist es übersichtlich gehalten und gut erklärt, was leider nicht immer selbstverständlich ist.

Zuerst werden kleine, gefüllte Schüsseln an den Tisch gebracht, die wir für einen Gruss aus der Küche halten, sich dann aber nach vorsichtigem Probieren als sehr gute Salatsaucen entpuppen. Die Einsamkeit der Schüsselchen wird nach kurzer Zeit beendet, denn es folgen die restlichen Speisen und der Tisch füllt sich mit Cordon bleus, Salaten, Kartoffelspeisen und Teigwaren. Mein Dreierlei an Variationen präsentiert sich auf dem Teller von seiner besten Seite, zwei sind umhüllt von einer sehr ansprechenden Panade und das Dritte wurde in knusprigen Speck verpackt. Jetzt kommt doch wieder die Unentschlossenheit zum Zug: Wo soll der erste Schnitt gesetzt werden?

Das Cordon bleu vom Schwein im Speckmantel lockt am lautesten, unter anderem auch mit seinen inneren Werten: Alpkäse, Schinken und Zwiebeln. Wie erwartet ist das Fleisch dank der Umhüllung sehr saftig und schmackhaft, die Zwiebeln stehlen mit ihrer Süsse aber allen anderen Zutaten die Show. Die Harmonie mit dem Schinken sorgt jedoch dafür, dass sie nicht zu dominant sind. Der Käse bekommt dagegen leider das Label «No-show», davon hat es für mich viel zu wenig drin.

Nach diesem positiven Einstieg schwebt meine Gabel über dem Cordon bleu «Piz Uccello» (Schweinefleisch, Trockenfleisch aus dem Val Mesolcina, Steinpilze, Rucola und Taleggio). Unter der dünnen und knusprigen Panade finde ich deliziöses Fleisch, einen cremigen, samtigen und milden Käse und… ein Rätsel. Laut der Beschreibung sollten nämlich Steinpilze, Rucola und Taleggio drin sein. Der Käse schmeckt für mich aber nicht nach Taleggio sondern ganz schwach nach Bärlauch und von den anderen beiden Zutaten ist ebenfalls nichts zu sehen. Zusammen mit meinen Mitessenden versuche ich, aus dem Kuddelmuddel schlau zu werden und komme nach minutenlangen Diskussionen zum Schluss, dass wohl eine andere Sorte serviert wurde, nämlich ein Cordon bleu «Pan de Zucher», welches Bärlauchkäse, Kalbfleisch und Trockenfleisch enthält. Trotz der Verwirrung um die servierte Variante stellt sie mich geschmacklich durchaus zufrieden, nur vom Käse dürfte es wieder deutlich mehr in der Füllung haben.

Die letzte Kandidatin in diesem Trio infernale ist das Cordon bleu «Bellevue». Kalbfleisch, Rohschinken aus dem Val Mesolcina und Käse von der Alp Pian klingen nicht nur nach einer guten Geschmackskombination, sie halten das Versprechen auch ein. Der vorzügliche Käse und der Rohschinken bilden ein mundiges Duett aus salzig und mild.

Mein grüner Salat ist grosszügig portioniert und schmeckt in Kombination mit der Salatsauce hervorragend. Leider sind die Pommes Frites nicht aufgetaucht, deshalb stibitze ich mir ein paar von einem anderen Teller. Sie schmecken solide, die Knusprigkeit finde ich in Ordnung. Bei der Grösse meiner Portion bin ich nicht unglücklich, dass sie gefehlt haben, so habe ich noch genug Platz für einen Nachtisch. In der Dessertkarte stosse ich auf Zabaione, eine italienische Spezialität. Dabei werden Eigelb, Zucker und Dessertwein zu einer herrlich luftig-schaumig süssen Weinschaumcreme geschlagen. Das schmeckt genauso lecker und erfrischend, wie es klingt.

Satt und zufrieden lehnen wir uns in unseren Stühlen zurück, die Schlussfrage des Gastgebers, ob es genug war, können wir mit einem deutlichen «Ja!» beantworten. Für einen Ausflug oder einen Zmittag während der Durchreise kann ich das Restaurant grundsätzlich empfehlen, normale Schweins- oder Kalbs-Cordon bleu sind immer erhältlich. Wenn eine üppige und rezente Käsefüllung für euch ein Muss ist, werdet ihr aber woanders glücklicher.

Bewertung

Cordon bleu «Trilogia»
6/10, «Gut»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://bellevue-sanbernardino.ch/

Worauf achtet ihr bei einer Käsefüllung? Schreibt es in die Kommentare oder meldet euch per E-Mail bei info@cordonblog.ch. Ihr möchtet keine neuen Beiträge verpassen? Cordonblog ist auch auf Facebook und Instagram, folgt mir und erhaltet Benachrichtigungen für neue Beiträge, zusätzliche Bilder und gelegentlich einen Blick hinter die Kulissen.

3 comments

  1. Mir ist das Wasser im Mund zusammengeflossen … du bist mein Schreibgott! Unglaublich anschaulich und frisch geschrieben, bravissimo!

  2. Sehr schöne Rezension. Ich war bei meinem Cordon bleu auch nicht so zufrieden mit dem Käse, da er zu fade war und zu schnell aus dem Fleisch herausfloss. Schade!

Leave a comment

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert