Restaurant Schwarzer Bären – Meister Petz auf Kräutertour

Der sonnenbeschiene Eingang des Restaurant Schwarzer Bären in St. Gallen

Wer könnte widerstehen, wenn man von einem Restaurant direkt angeschrieben und auf das hauseigene Cordon bleu hingewiesen wird? Bei der E-Mail des Restaurant Schwarzer Bären aus St. Gallen gelang mir dies auf alle Fälle nicht. Insbesondere auch deshalb, weil dessen Variante dank ein paar aussergewöhnlichen Einfällen aus dem Rahmen der üblichen Sorten fällt. Genau das Richtige, um den Bärenhunger zu stillen oder wird einem hier etwa gar ein Bär aufgebunden?

Der historische Kern der Gallusstadt hat uns mit seinen gewundenen Gassen und lokalen Köstlichkeiten bereits nach kurzer fest in seinen charmanten Bann gezogen. So fliegt der Nachmittag im fröhlichen Bummelspass dahin und als die Schatten langsam länger werden, steigen wir in den Regionalzug Richtung Trogen ein. Dieser trägt uns den Hügel hinauf, von wo aus man noch einmal einen wunderbaren Ausblick auf die Pracht von St. Gallen geboten kommt. Gleich danach wird die Landschaft vor dem Zugfenster immer grüner und bewaldeter, ein Szenenwechsel, den meine Sinne dankbar aufnehmen. An der kleinen Haltestelle bleibt nach dem Ausstieg noch einmal etwas Zeit, um den Blick gen Bodensee und kunterbunte Wiesen schweifen zu lassen, dann nehmen wir die paar Schritte zur Restauranttür in Angriff.

Nach der freundlichen Begrüssung drängt sich die Frage auf: Drinnen oder draussen essen? Hier bläst einem der Wind eine Spur frischer um die Nase als unten in der Stadt, deshalb zieht es uns in die Stube hinein. Das Ambiente ist gediegen, aber nicht steif: In Würde gealtertes Holzinventar erdet die Stimmung Raum auf angenehme Art und Weise, ausdrucksstarke Bilder an den Wänden dienen als Blickfang. Beim Blick aus dem Fenster zu meiner Linken glitzern mir aus der Ferne erneut die blauen Wasser des Bodensees entgegen. Auf der Speisekarte lacht mich gleich der Grund meines Besuches an: Das Cordon bleu von der Pouletbrust mit Thymianschinken und Appenzellerkäse, begleitet von Pommes Frites. Auf das Fleisch vom Huhn bin ich besonders gespannt, da mir in erster Linie Cordon bleus vom Schwein oder Kalb vertraut sind. Diverse frühlingshafte Vorspeisen buhlen ebenfalls um meine Gunst, doch heute möchte ich den Fokus ganz auf den Hauptgang richten. Die Wartezeit überbrücken wir mit dem Verköstigen von bereitgestellten, noch ofenwarmen Brotstücken, welche in Kombination mit Olivenöl und Salz ausgezeichnet schmecken. Aus der offenen Türe zur Küche kann man dann deutlich hören, wie etwas ausgiebig in der Pfanne brutzelt. Vielleicht bereits unsere Cordon bleus?

Ganz so schnell geht es dann doch nicht, von unserer Seite aus ist noch einmal ein wenig Extrageduld gefragt. Dafür ist die Freude umso grösser, als die Speisen mit einem Lächeln an den Tisch gebracht werden. Vor dem Hintergrund des grossen weissen Tellers machen das Cordon bleu und seine Compagnons einen schlichten und eleganten Eindruck, an dem mir vor allem das adrette Gedeck aus Kräutern und Zitronenschnitz auf der wunderschön dunkelbraunen Panade gefällt. Es ist aber auch klar ersichtlich, dass die Grösse nicht zu den herausragenden Stärken dieses Cordon bleus gehört. Geschmacklich ist also einiges an Überzeugungsarbeit gefragt. Zuerst verschaffe ich mir mit einigen zielstrebigen Gabelstössen einen Eindruck meines zusätzlich dazu bestellten Gemüseportiönchens. Eine gute Entscheidung, dank bissfester Textur sowie einem harmonischen Zusammenspiel von Würze und Eigengeschmack mundet es mir nämlich so sehr, dass ich ohne Zwischenstopp alles rübis und stübis aufesse. Positiv eingestimmt nehmen Messer und Gabel nun das Cordon bleu ins Visier. Beim Anschnitt wallt gleich der intensive Duft von Thymian hervor, welcher meine Sinne für den bevorstehenden Schmaus eicht. Gemeinsam mit dem langsam hervorsprudelnden Käse lässt mir dies das Wasser im Munde zusammenfliessen, entsprechend ungeduldiger als sonst wird die erste Portion hinter die Lippen bugsiert. Rasch ist klar, dass es sich bei dem Appenzellerkäse um einen sanften Vertreter seiner Zunft handelt. Und das ist auch gut so: In reichlicher Menge vorhanden bietet er den frischen Kräutern eine ideale Bühne, auf der sie sich munter mit ihren wild-herben Noten austoben dürfen. Bei jedem Bissen entfaltet sich so ein kleines Stück wohlschmeckender Frühling im Gaumen. Zu diesem beschwingten Eindruck trägt das Pouletfleisch einen grossen Anteil bei. Es ist wie erwartet weniger herzhaft als zum Beispiel Schweinefleisch, dafür aber leichter und nicht minder saftig. Die eine oder andere Ecke rutscht allerdings durchaus ins Trockene ab, dies tut der sehr schmackhaften Gesamtkomposition jedoch keinen nennenswerten Abbruch. Zusammengehalten wird dies alles von der bemerkenswert hauchdünnen Panade, welche sich knuspernd an die zarte Pouletbrust schmiegt. Angemessen abgerundet wird das Mahl mit den äusserst mundigen Pommes Frites, die dank dem Prinzip «Harte Schale, weicher Kern» und nur wenig Salz mit einem intensiven Kartoffelgeschmack auftrumpfen.

Als der Teller leer ist, fühle ich mich auf den Punkt genau satt und entsprechend zufrieden. Ein Dessert wäre im Prinzip schon reizvoll, trotz gluschtigen Angeboten fällt es mir deshalb jedoch leicht, für einmal darauf zu verzichten. Nach dem Bezahlen der Rechnung nehmen wir dafür draussen noch einmal einen tiefen Luftzug und füllen die Lunge mit allen Aromen der grünen Idylle, bevor es dann im Bähnchen gemütlich heimwärts geht.

Vor Schwarzbären sollte man sich eigentlich in Acht nehmen, das Exemplar in den Hügeln oberhalb von St. Gallen stellte sich aber als angenehm gastfreundlich heraus. Das Cordon bleu im Restaurant Schwarzen Bären hat mich auf alle Fälle davon überzeugt, dass Kreationen mit Pouletfleisch und einer feinsinnig austarierten Kräuterfüllung ihre ganz eigenen Vorzüge haben. So angenehm leicht und bekömmlich wie dieses Mal kommen die Schmausereien für meine Rezensionen nämlich üblicherweise nicht daher. Wenn man also Lust auf ein Cordon bleu der spezielleren Art verspürt und sich mit einem Preis am oberen Ende des Spektrums anfreunden kann, lohnt sich ein Besuch zweifellos.

Bewertung

Poulet Cordon bleu mit Thymianschinken und Appenzellerkäse
7/10, «Sehr gut»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://www.schwarzer-baeren.ch

Welche Kräuter schätzt ihr in euren Cordon bleus?
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