Restaurant Bären – Kirschkantonkitsch

Eingang des Restaurant Bären

Die immerwährende Suche nach besprechenswerten Cordon bleus führt mich dieses Mal zum Restaurant Bären in Zug. Nach der Limi-Hütte-Kontroverse hat der Kirschkanton auf der Geschmacksskala noch einiges aufzuholen. Gelingt der kulinarische Befreiungsschlag?

Der November zeigt sich an diesem Abend nicht gerade von seiner Schokoladenseite: Es regnet Bindfäden, steter Wind streicht einem mit eisigen Fingern um die Ohren und es ist dunkel wie in einem (pardon) Bärenarsch. Der dekorierte, aber unbeleuchtete Weihnachtsbaum gegenüber des Restauranteingangs könnte da Abhilfe schaffen, er harrt aber noch des Moments, da seine Lichter endlich angeschaltet werden und etwas Wärme in die Nacht bringen. Unter diesen widrigen Umständen braucht es keinen weiteren Ansporn, um hurtig in die Gaststube zu schlüpfen.

Dort empfängt uns als Erstes eine dicke, käsige Geruchswand, welche einen beinahe aus den Schuhen und wieder zurück nach draussen wirft. Die olfaktorische Nebelsuppe ist ein Nebenprodukt der brodelnden Fondue-Sets, die an voll besetzten Tischen eifrig verspeist werden. An unserem schummrig belichteten Platz in der Ecke dauert es noch ein paar Minuten, bis sich meine Nase an das Bouquet gewöhnt hat. Dann reiht es sich in den urchigen Eindruck ein, welcher vom schönen Täfelwerk an Decke und Wand ausgeht. Das klassische rot-weisse Karomuster auf Tischdecken und Vorhängen und herbstliche Dekoelemente (darunter ein paar alte Wanderschuhe) dürfen selbstverständlich auch nicht fehlen. Die erste Seite der Speisekarte verkündet stolz den Grund für den Älplerkitsch: Es finden gerade «rot-weisse» Wochen statt, typisch Schweizerisches wird gefeiert und serviert. Freitags und Samstags steht sogar Live-Musik auf dem Programm. Gut ist heute Mittwoch, da dringen nur die Gesprächsklänge der anderen Gäste an unsere Lauscher. Beim Weiterblättern wird mit Schrecken festgestellt, dass die Cordon bleu Variationen wegen der Eventwochen auf gerade mal drei Stück statt der üblichen sechs reduziert wurden. Da wir ebenfalls zu dritt sind, fällt rasch die Entscheidung, alle Sorten am Tisch durchzuprobieren. Ich kralle mir das «Huus» Cordon bleu vom Schwein, welches meinen Gaumen mit lokalem Bergkäse lockt. Das «Tüüfel» (Chili & Raclettekäse) und ein traditionelles (immerhin mit Gruyère) wandern an die Mitessenden.

Der Appetit regt auch unsere Diskussionsbereitschaft auf Höchsttemperatur an. Schon bald wird eifrig gefachsimpelt und philosophiert. Ein kleiner, nicht abschliessender Einblick in die Themen:
Die richtige und falsche Seite von authentisch.
Das goldene Händchen von Heinz Tännler.
Trügerische Erinnerungen an den letzten Besuch im Restaurant und ob er wirklich schon zehn, elf oder gar zwölf Jahre her war (wir werden weiss Gott auch immer älter).
Die herbeieilenden Teller retten uns davor, weitere Punkte anzuschneiden und endgültig abzuheben. Der währschafte Anblick holt einen jedoch rasch wieder auf den Boden der Tatsachen: Viereckig, hellbraun paniert, wohlriechend, flankiert von Gemüse und Pommes Frites. Guten Appetit.

Der Einstieg ist harzig, die knusprige Panade hält den Fleischmantel im festen Klammergriff, was mir grummelnde Töne entlockt. Locker und geschmeidig mag ich es lieber, die Tischrunde widerspricht aber deutlich und es entsteht eine intensive Diskussion über die Vor- und Nachteile diverser Panadenstile. Zahlenmässig unterlegen, kann ich daraus leider nicht als Sieger hervorgehen und suche im üppig sprudelnden Bergkäse Trost. Dieser entspricht zwar auch nicht meinen Erwartungen, allerdings auf erfreuliche Art und Weise: Sein rezenter Charakter wird von einer geschmeidig-milden Sämigkeit gezähmt, was in einem überraschend raffinierten Resultat mündet. Im Hintergrund leistet das sanfte, zarte Schweinefleisch einen unauffälligen, aber dafür umso eindrucksvolleren Beitrag an den Gesamtgeschmack.

Da sich bei uns die gesamte Cordon bleu Karte ein Stelldichein gibt, wird munter umherprobiert: Das “Tüüfel” kitzelt den Rachen mit einer pikanten und unerwartet fruchtigen Note, der Gruyère hingegen klingt mit seiner erquickend säuerlichen Natur noch lange nach dem Probierbissen im Gaumen fort. Und wie sieht die Lage bei den Beilagen aus? Die dünnen Kartoffelstifte heben zuerst mit ihrer sonnengelben Farbe und dann mit erdig-süssem Geschmack die Laune in kribbelnde Höhen empor. Das Gemüsekränzchen schwimmt nicht ganz auf derselben Wellenlänge, gibt sich im halbwarmen Zustand jedoch stets souverän knackig und buttrig. Nach dieser Hauptspeise gelüstet es uns nun, den Dessertfähigkeiten der Küche auf den Zahn zu fühlen. Leider hat der Gute-Eindruck-Zug hier seine Endstation erreicht: Die Beerensauce meines Coupe Hot Berry ist lauwarm und das Vanilleglace angeschmolzen. Ganz so, als ob der Nachtisch bereits einige Zeit auf seinen Serviermoment warten musste. Schade, so schmeckt das Ganze nur halb so gut. Trotzdem wird am Tisch weiterhin eifrig geschwatzt und gelacht – irgendwie fühlt man sich in diesem urchigen Käsenebel doch wohler als zu Beginn gedacht. Ob mir der Abend ohne Begleitung auch so freudig im Gedächtnis geblieben wäre?

Unter uns gesagt, ich denke nicht. In der Causa Cordon bleu ist mein Eindruck aber positiv: Weltbewegendes wird im Restaurant Bären nicht serviert, aber man merkt, dass sich die Küche sowohl bei der Zusammenstellung der Zutaten als auch am Herd spürbar Mühe gibt und dies mündet in einer Kreation, die rundum Zufriedenheit hinterlässt.

Bewertung

«Huus» Cordon bleu
6/10, «Gut»

Detailbewertung

Hinweise zum Bewertungsschema: Bewertungsschema – Cordonblog

Infos zum Restaurant

https://restaurant-baeren-zug.ch/

Mögt ihr eure Panade lieber hart oder zart? Schreibt es in die Kommentare oder meldet euch per E-Mail bei info@cordonblog.ch. Ihr möchtet keine neuen Beiträge verpassen? Cordonblog ist auch auf Facebook und Instagram, folgt mir und erhaltet Benachrichtigungen für neue Beiträge, zusätzliche Bilder und gelegentlich einen Blick hinter die Kulissen. 

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